Nur in China essen sie Hunde – zumindest habe ich das immer gedacht. Als ich vor 8 Jahren nach Indonesien kam, merkte ich: Ich lag völlig falsch.
Zuerst hörte ich vom Extremmarkt in Manado, auf dem nicht nur Hunde, sondern fast alle Tierarten angeboten werden. Später erfuhr ich, dass auch in anderen Regionen – etwa auf Java oder Papua – Hunde gegessen werden.
In Papua werden Hunde vor allem zu Weihnachten und Silvester geschlachtet. Doch Zugezogene aus Manado haben das Hundefleisch auch in die Warungs gebracht. Als ich erfahren habe, dass es dort mit „RW“ abgekürzt wird, habe ich es auf den Straßen immer wieder gesehen.
Nach drei Jahren in Papua dachte ich also, ich wüsste, was mich erwartet.
Dann kamen wir auf unsere Insel in den Nord-Molukken. Hier hat jede christliche Familie einen oder mehrere Hunde. Dass sie Hunde essen würden, war mir klar. Das Ausmaß habe ich erst später wirklich verstanden.
Hier werden Hunde nicht nur einmal im Jahr, sondern auch an gewöhnlichen Festen wie Geburtstagen oder Hochzeiten geschlachtet. Und nachdem hier ständig Kinder geboren werden, gibt es auch regelmäßig Hochzeiten – zu denen wir auch eingeladen werden.
Neulich erzählte uns jemand, dass es sogar für Nachbarn normal sei, für das Fest einen Hund zu „spenden“ – als besonderes Hochzeitsgeschenk sozusagen.
Der wird dann aber nicht gestreichelt, sondern landet im Kochtopf.
Das Paradoxe daran ist: Die Hunde werden nicht klassisch wie Schlachttiere gehalten, sondern leben im Haus mit und bekommen alle einen Namen. Sie nehmen am Familienalltag teil, gehen mit auf die Felder und haben – eigentlich – ein ganz normales Leben.
Bis ihre Zeit dann eben gekommen ist.
(Zum Vergleich: Schweine werden hier ebenfalls frei laufend gehalten – und irgendwann geschlachtet –, haben allerdings keine Namen und dürfen auch nicht ins Haus rein.)
Was auf den ersten Blick grausam und wie ein schlechter Scherz wirkt, hat hier einen weiteren Hintergrund. In den Dörfern werden Tiere weder kastriert noch sterilisiert (dabei gibt es auch hier sehr fragwürdige „Do-it-yourself“-Methoden). Viele sterben ohne medizinische Versorgung jung, aber genügend vermehren sich weiter.
Der Verzehr von Hundefleisch hilft also bei der Eindämmung einer übermäßigen Population – auch wenn das für uns schwer greifbar ist. Der Vater von „unserer“ lokalen Familie zumindest hat uns das so erklärt.
Bei unserem letzten Besuch haben wir noch weitere Details erfahren. Sie haben seit Jahren einen „Hauptrüden“ mit guten Genen, der in der Regel für den Nachwuchs zuständig ist (und nicht gegessen wird). Weibchen werden nach ein bis zwei Würfen geschlachtet, wenn klar ist, dass genügend Welpen überleben.
Und ich habe mich davor gewundert, warum bei unseren Besuchen immer andere Hunde da sind!
Für uns ist das Essen von Hunden (und anderen Haustieren) unvorstellbar. Sind sie doch Teil der Familie und uns so unglaublich nah!
Und trotzdem habe ich mir die Frage schon vor ein paar Jahren gestellt:
Wer entscheidet eigentlich, welches Tier essbar ist und welches nicht?
Warum soll das Schwein weniger wert sein als der Hund? Und was hat das Rind verbrochen, dass es ständig auf unseren Tellern landet – und nicht die dicke Katze von nebenan?
Hier zumindest werde ich mit einer ganz anderen Realität konfrontiert. Und muss bei der nächsten Hochzeit genau hinschauen, was ich auf meinen Teller lege.
Wobei – meine Wahl fällt längst auf anderes als Fleisch.
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